Juni 2025 Buchneuerscheinung

Der Klang meiner Erde

Von der wahren Geschichte eines Tanzes, der die Welt berührt

Hardcover. Gebundene und bebilderte Ausgabe. 300 Seiten

Das Versprechen einer faszinierenden Reise in die vergangene Welt des Tangos und zurück zu sich selbst.
Erzählt von zwei herausragenden Experten der argentinischen Tanz- und Musikkultur. 

Argentinien hat wie kein anderes Land afrikanische und europäische Rhythmen in die eigene vorkolumbianische indigene Kultur aufgenommen und zu neuer Musik und Tanz geformt. Synkopisch perkussive Rhythmen verteilten sich nun in die Hände und Fußsohlen der Menschen. Die Geschichte des Tango Argentino beginnt vor rund 150 Jahren und handelt von unterdrückten Völkern. Bis heute sind deren Klagen, Hoffnung, Kraft und Poesie in der Bewegung zu spüren, in der Musik zu hören. Es waren die Indigenen Argentiniens, die schwarzen Sklaven, die Gauchos und Kreolen, die den Tango ersannen, die ihm Sehnsucht, Zuversicht, den Lebenswillen einhauchten. In den Geschichtsbüchern sind viele mittlerweile vergessen, aber in Musik und Tanz, in Wort und Kultur, in Geste und Bewegung klingen sie weiter. Das Tanzen in Erde und Sand war die erste Form, dort wurde die Figur einer liegenden 8 geboren. Lange bevor die Städter, die neuen Immigranten und die feine Gesellschaft den Tango Argentino für sich entdeckt hatten. Der Gaucho ist die schillernde stolze Figur, die zum Compadre und damit zum Tangotänzer wird. Jorge Luis Borges war damals Zeitzeuge dieser Menschen und fasziniert von ihrem Mut.
 
In diesem Buch geht es darum, diese ländlichen Wurzeln zu entflechten, zu verfolgen und erneut zu bündeln zu dem, was der Tango Argentino einst war. Ein eigenwilliger unvergleichlicher Tanz. Kein anderer Tanz der Welt webt sich in den Beinraum des Partners, ohne die Umarmung zu trennen. Kaum ein Tanz drückt mehr Eigensinn aus als dieser argentinische Tango Argentino. Und kaum ein Tanz webt mehr Mythen um seine Entstehung. Es wird Zeit, den wahren Ursprung aufzudecken. Luis Pereyra, selbst Enkel einer Indianerin, hat das tiefe Anliegen, seinem Volk eine Stimme zu geben.  Die Wahrheit nämlich lautet: Der Tango ist argentinischer als bislang angenommen.
  
Erzählendes Sachbuch ca. 300 Seiten mit farb. Abb.
Hardcover 17 x 21 cm
Deutsch
ISBN: 978-3-96258-211-1
Juni 2025
ca. (D) 35,00 EUR / (A) 35,80 EU

Lesung mit Tanz und Musik

auf der Kö | Düsseldorf
Sonntag | 08. Juni 2025 | 18:00 Uhr 

Große Bühne | Ecke Steinstrasse

Dinslaken
Samstag | 05. Juli 2025 | 19:00 Uhr 

Vorverkauf |  15,- inkl eines Softgetränks pro Person

 Wuppertal
Freitag | 11. Juli 2025 | 19:30 Uhr 

Vorverkauf | EUR 12.00 pro Person

Abendkasse | EUR 14.00 pro Person

Waschzettel

Pressemittteilung

Interview mit Gabriele Borgmann

Liebe Nicole Nau, lieber Luis Pereyra, bitte stellen Sie sich kurz vor.

Wir sind Profitänzer und Künstler der argentinischen Folklore. Und zur Folklore zählt auch der argentinische Tango. Als Bühnentänzer, Choreografen, Direktoren, grafische Gestalter drücken wir uns aus. Luis zudem Multiinstrumentalist und Sänger. Er feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bühnenjubiläum. Ab Herbst gehen wir mit unserer Company on Tour. Darauf freuen wir uns.

Nicole, Sie kommen aus Düsseldorf und Luis aus einem ländlichen Teil Argentiniens …

Ich (Nicole) bin in Düsseldorf geboren und in Oberkassel am Rhein aufgewachsen. Da, wo es alles gibt, aber nicht automatisch das innere Glück. Das fand ich durch den Tanz. Es war 1987, da sah ich als junge Frau Luis zum ersten Mal. Er tanzte in München. Ich ließ alles stehen und ging nach Buenos Aires, um mich im Tangotanz ausbilden zu lassen. Da war ich vierundzwanzig Jahre alt – und es begann eine steile Karriere. Ich wurde für eine Show nach Kanada engagiert und tanzte später am Opernhaus in Buenos Aires. Aber zufrieden war ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Mir fehlte etwas im Tanzen, ich hätte es nicht benennen können. Erst später entdeckte ich die Wahrheit dieser Kultur: Da war ich Luis wieder begegnet. Wir tanzten erstmals zusammen. Damit begann für mich alles. Unsere Arbeit, unsere Ehe, unser Familienleben, meine echte ehrliche Karriere. Und unsere gemeinsame Botschaft.

Ich (Luis) bin in Santiago del Estero geboren, also mitten im Busch. Da, wo es noch nicht einmal Wasser gibt. Doch wenige Jahre später zogen meine Eltern nach Buenos Aires, um sich in Quilmes – am Stadtrand – niedergelassen. Es war mein Glück. Als Fünfjähriger wurde ich entdeckt. Man bildete mich in Tanz und Musik aus. Mit zehn ein Tänzer auf der Bühne. Mit achtzehn ein Engagement am Broadway. Mit dreiundzwanzig hatte ich eine eigene Show. Die Karriere war also früh vorgezeichnet. Seither tanze ich, spiele Instrumente, auch Perkussion, und singe. Ich liebe meine argentinische Kultur, sie liegt mir sehr am Herzen.

Nicole Nau: Sie sind vor rund dreißig Jahren nach Buenos Aires aufgebrochen, um den Tanz dort zu lernen, wo er seine Wurzeln hat. Wie hat das Ihre Karriere beeinflusst?

Diese Reise nach Argentinien war ein hohes Risiko, denn ich habe alles auf eine Karte gesetzt. Damals gab kein Internet. In Argentinien hatten die meisten Privathäuser noch nicht einmal ein eigenes Telefon. Ich sagte mir: Ab nach Argentinien, um den wirklichen Tango zu lernen. Scheitern oder wagen. Nun ich wagte – und wusste gar nicht, auf was ich mich da einließ.

Stellen wir uns ein junges Mädchen vor, das ans Bolshoy geht, um sich im russischen Ballett ausbilden zu lassen in der berüchtigten Waganov Schule.  Man kann dort nur siegen oder rausfliegen. Trotzdem träumt das Mädchen davon. Das ist die Leichtfüßigkeit junger Menschen. Sich nicht aufhalten lassen. Es zu versuchen mit aller Kraft und Motivation. Das war mein Weg. Ich musste ihn gehen. Heute ist es mein Leben.

Und vielleicht entdeckte ich in den ersten Jahren in Argentinien die Kämpferin in mir. Ja, ich bin bereit für die Kultur dieses Volkes zu kämpfen. Das drücke ich aus, wenn ich tanze.

Was war die Intention, dieses Buch über den Tango Argentino zu schreiben?

Über den Tango Argentino gibt es viel Halbwissen. Man erzählt sich hierzu Märchen, weil es die Fantasie ankurbelt. Da stehen leicht bekleidete Frauen in dunklen Hinterhöfen, um sich anzubieten. Die Kerle buhlen um Liebe für ein paar Stunden. Das mögen Filmszenen sein, aber keine Wahrheit über diesen Tanz. So entstand der Tango nicht! Seine Geschichte ist eine andere – und die erzählen wir.

Luis hat mehr als zwanzig Jahre recherchiert, hat alte Quellen entschlüsselt, Texte geprüft. Er hat die Erzählungen aufgeschrieben, die seine Vorfahren von Generation zu Generation weitergetragen haben. Unser Blick richtet sich hin zu diesen Vorfahren, den Indigenen und Schwarzen. Und wir können sagen, dass der Tango viel argentinischer ist als bisher angenommen.

Ihr Buch erzählt sehr einfühlsam von diesem Ursprung des Tanzes …

Ja, für uns ist der Tango Argentino eine Sinnlichkeit. Meine (Nicole) größte Quelle ist mein Ohr. Ich nehme die Musik, den Rhythmus auf. Das ist für mich, wie auf den alten Spuren des Tangos zu tanzen. Ich gebe diesen Spuren meine Körperlichkeit, meinen Ausdruck in Gefühl und Denken.

Meine (Luis) Familie ist indigen, meine Vorfahren Teil dessen, von dem wir erzählen. Es ist, so kann man sagen, mein Erbe. Es macht mich sensitiv für den Tanz. Der Tango Argentino ist für mich nicht exotisch, sondern eine klare Realität. Ich höre in der Musik, die meinem Land entspringt. Auch wenn es gerne verschwiegen wird, weil sich dahinter der Schmerz und die Ungerechtigkeit verbergen, so ist das alles da! Davon lebt der Tango. Es wird immer bleiben.

In all den Jahrzehnten habe ich an meiner Seite viele Tänzer, Musiker, Sänger und Schriftsteller erlebt, ich durfte lernen – und habe gefiltert, was stimmt, was nicht. In mir trage ich ein unerschütterliches Bild der Wahrheit. Zusammen mit Nicole habe ich in diesem Buch all das, was Wahrheit ist, aufgeschrieben. Meine Quellen waren insbesondere Texte von Jorge Luis Borges, einem Zeitzeugen, aber auch Ernesto Sábato sowie El Martin Fierro, Vicente Rossi, Kompositionen von Astor Piazzolla, Ricardo Rojas, Evaristo Carriego, Don Atahualpa Yupanqui, Vicente Rossi, Vega, Ventura Lynch, Del Carril, Guruialdes, Schávelzon zudem Tangotexte, alte Stadtpläne, alte Filme und Aufnahmen von Santiago Ayala El Chúcaro, Antes no usaban gomina, die Geschichten meiner Familie und Freunde, Bekannten, Nachbarn. Wenn man einmal aus dem Mainstream tritt und der Wahrheit einen Raum gibt, sind die Quellen eindeutig und zahlreich. Ein Fundus für einen Tanz!

Was macht für Sie den wahren Zauber des Tango Argentino aus?

Die Zweisamkeit, die Verbindung zwischen Mann und Frau. Kein anderer Tanz schafft es, dass das Paar trotz konstanter Umarmung im Beinraum des jeweils anderen tanzt. Das ist mutig vom Paar. Es zeigt seine Passion, seine Leidenschaft. Es erinnert an den Tanz derjenigen, die den Messerkampf beherrschten: virtuos. rhythmisch, dynamisch, improvisiert. 

Luis Pereyra: Es heißt, der Mann lasse beim Tango die Frau schön, elegant, in ihrem Eigensinn wirken. Wie kann das geschehen?

Der Mann hat die Verantwortung, das Paar in Musik und in Figur, in Raum und Zeit zu bewegen. Ich führe also nicht nur die Frau, sondern auch die Musik und mich und das Paar. Die Frau ist mein kostbares Instrument. Alles, was ich führe, werde ich begleiten, bin stets dort, wo sie tanzt, bin bei ihr, dirigiere sie, so gut ich kann. Das tue ich, damit sie komfortabel tanzen kann. In dem Moment, wo wir uns für diesen Tanz einander zuwenden, gehören wir zusammen. Bis die letzte Note uns trennt.

Mann und Frau setzen im Tango Argentino nicht dieselben Schritte. Die Frau tanzt mehr Schritte als er. Deshalb führe ich die Frau, biete ihr einen Raum, den sie mit ihrem eigenen Tanz füllt. Das begleite ich, das bewundere ich. Alles beginnt alles in ihr. Alles beginnt in der Frau. Sie ist mein Tanz.

Nicole Nau: Bei allen Standard- und lateinamerikanischen Tänzen gibt es eine Regel, dass der Mann führt, die Frau folgt. Wie kann die Frau im Tango Argentino mit Raffinesse ihren Eigensinn zeigen?

In den Standardtänzen sind die Schrittfolgen festgelegt. Im Tango Argentino nicht. In den Standardtänzen nimmt die Frau eine Position im Verhältnis zu ihrem Partner ein. Im Tango Argentino nicht. Wir Frauen folgen dem Mann nicht, wir lassen ihn führen. Wir lassen ihn gewähren. Wir tanzen unseren Part frei heraus in seinem Arm, nicht aber als Spiegel seiner selbst. In Standard- und lateinamerikanischen Tänzen ist die Musik festgelegt, die Schrittfolgen ebenso. Im Tango Argentino nicht. In lateinamerikanischen Tänzen trennen Mann und Frau sich für extravagante Figuren. Im Tango nicht. Das Spiel beider ist unfassbar innig und variabel, keine Show, sondern tief und echt. Da, wo die Frau aufsetzt, muss der Mann letztendlich sein; da, wo sie Raum frei gibt, wird er mutig einsetzen; da, wo er sie zurückhält, wird sie geduldig warten ohne passiv zu sein. 

Was ist die konkrete Botschaft im Buch?

Wir verfolgen die Spuren dieses Tanzes bis hin zu den tatsächlichen Anfängen. Wir schauen zu den Menschen, ihren Gepflogenheiten, ihrem Leben, ihren Tänzen, ihren Ängsten, ihrem Mut. Aus diesen bisher unbekannten Fäden webt sich ein neuer, ein magischer Stoff, dessen Bedeutung kostbar ist. Wer tanzt, wird anders tanzen, wenn er diese Wahrheit kennt. Wer nicht tanzt, wird Mitwisser von einem Geheimnis, das bisher verborgen war.

Wie stellen Sie sich Ihre Leser und Leserinnen vor?

Wir haben unser Buch für Leser*innen mit Interesse an Musik, Rhythmus und Tanz, an Südamerika, den afrikanischen Schwarzen, an der Kolonialgeschichte geschrieben. Auch haben wir jene Tänzer*innen im Sinn, die sich eine Lektüre zu Paardynamik, Führungstechnik, Ausdrucksstärke wünschen. Sie alle werden dieses Buch lieben!

Sie stehen kurz vor Ihrer Tour 2025/2026. Wo werden Sie mit Ihrem Ensemble auftreten und was versprechen Sie schon heute den Zuschauer*innen?

Die Vorfreude auf die Tour ist kribbelnd und aufregend schön. Denn wir haben Texte und Passagen aus unserem Buch in die Show eingeflochten. Man könnte sagen: Wir sind mutig wie die Helden unseres Buches. Auf die Begegnung mit Euch, mit Ihnen sind wir gespannt.

Wir touren von Frankfurt Oder bis Frankfurt Höchst, von Wien und München bis Buchholz in der Nordheide. Und natürlich in ganz NRW, meine Heimatprovinz.

Alle Veranstaltungstermine stehen auf unserer Homepage: www.vida.show

Interview mit Gabriele Borgmann

Nicole Nau

Tanze Tango mit dem Leben

Die Geschichte einer leidenschaftlichen Liebe
Der leidenschaftliche Tango Argentino hat es Nicole Nau angetan. Mit Ende zwanzig kratzt die junge Grafik-Designerin ein wenig Geld zusammen, um sich einen langgehegten Traum zu erfüllen: ein Tango-Kurs in Buenos Aires. Fasziniert von der pulsierenden Metropole, den bunten Tanz-Salons und den mitreißenden Tango-Shows gibt sie spontan Heimat, Familie und Job auf, um als freie Künstlerin zu leben. Trotz großer körperlicher und finanzieller Belastungen entwickelt sie sich in den folgenden Jahren zur weltweit gefeierten Tänzerin. Und als sie schließlich den Tango-Star Luis Pereyra trifft, scheint ihr Glück perfekt …
 
Eine Zusammenarbeit mit Andrea Micus
Erschienen in Bastei Lübbe